Die Welt von gestern

Erinnerung eines Tangueros.
in der Tangobar

Die Welt von gestern

Erinnerung eines Tangueros.

Dieser Tagebucheintrag wurde als Newsletter am 16.07.2021 verschickt.

Mir ist schon bewusst, heute ist nicht Donnerstag, aber kann nicht jeder Tag ein Tonnerstag sein? Denn, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, einen Newsletter zu verfassen, wurde er gestern auch beim besten Willen nur halbfertig. Und doch bin ich froh darüber. Mein Anfangssatz war zwar nicht so schlecht – „Nichts ist so sommerlich wie die Mango.“ – doch ist das Thema heute ein völlig anderes.

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Aber wie bei jedem guten Youtuber, kommt auch von mir erstmals eine Werbeeinschaltung.
Unsere Kurse haben mit 5. Juli gestartet und das sorgt zwar für weniger Schlaf bei mir, aber für sehr viel Spaß, denn jeder, der mich auch außerhalb vom Tango kennt, weiß, ich unterrichte andere Leute gerne. Bin quasi ein Naturtalent darin.
Noch anfügen soll ich, dass die Kurse auch einzeln gebucht werden können und die Themen, die wir uns anschauen, in sich geschlossen, also nicht aufbauend sind. So dass man auch mal auf Urlaub gehen und danach trotzdem wieder einsteigen kann.
 
Und letzter Punkt auf Noémis Liste, und dann sind wir auch schon durch, und dieser Punkt ist eine Herzensangelegenheit von uns beiden: 

Die Nachmittagsmilonga am Badeschiff ist zurück

Für alle Geimpfte, Genesene oder Getestete: am Sonntag 01.08.21 (wie immer: 14-15 Uhr Schnupperstunde; 15-18 Uhr Milonga)!
Whoop, whoop! DJ Jasmin wird uns beehren und das ist mir eine besondere Freude!

La vida es una milonga

So, gestern war ich also auf der Wiedereröffnung der Tangobar und es war sehr schön. Wobei sehr schön nur auf der grobkörnigsten Ebene der Gefühlslage gestern Nacht nahe kommt.
Schon beim Reinkommen hat mich die vorgefunden Menschenmasse gleichzeitig verzückt und verwirrt. Es war nämlich wirklich so, als wäre nichts gewesen. Als hätte man sich gerade erst bei einer Milonga gesehen, als wären die vergangenen eineinhalb Jahre einfach nur eine lange Woche gewesen. Beim Eintritt wurde streng der 3G Nachweis kontrolliert, und das ist auch gut so!

Und es waren alle da (Achtung: Liedtext ist explicit). Alles, was Rang und Namen hat, war angetreten wie zum Rapport (exklusiv ein paar urlaubsbedingten Ausnahmen), so als müsse man den anderen und sich selbst beweisen, dass man eh noch lebt. Andere machen Extremsport, um sich zu spüren, wir tanzen Tango. Denn das Adrenalin und Serotonin, das gestern verschüttet wurde, konnte man beinahe in der Luft herumfliegen sehen. Vielleicht auch ein Grund, warum alle nach nur wenigen Minuten total verschwitzt waren – da kann jede finnische Sauna einpacken.

In Glückseligkeit schwelgend zwischen den einzelnen Tangos haben eine Freundin und ich, außer Atem und durchgeschwitzt, versucht, Vergleiche für dieses kollektive Rauscherlebnis zu finden. Alle sind in Ekstase, man ist einander vertraut und gleichzeitig ein Stück weit befremdet, nach so langer Zeit des Entzugs. Wie jemand der, jahrelange abstinent war und wieder den ersten Schluck macht, war ein Versuch. Ein andrer war: Wie ein Tier, das seiner ursprünglichen Umgebung entrissen wurde und nach Jahren der Gefangenschaft wieder in seine Heimat zurückkehrt. Es ist glücklich, wieder da zu sein und doch unbeholfen. Wenn auch sonst überall lauert Gefahr lauert, hier kann ihm nichts passieren, denn das ist sein Reich.

Foto der Woche

in der Tangobar

Du merkst, die Epiphanie gestern lässt sich nur schwer in Worte fassen. Doch wenn ich‘s versuchen müsste:
Ich kam mir vor, wie ein vor Glück betrunkenes Nashorn, zurück in der Savanne!

Uhrzeit: 0:18.
Zustand: Glücklich, aber oho.

In so viele vertraute Gesichter zu blicken, war eine Freude. Auch wenn man nicht mit allen reden oder tanzen konnte, man ist doch Teil eines größeren Ganzen und das verbindet. Danke auch nochmals an DJ Helmut für die Musik, denn gute Musik gehört nun mal zu den wichtigeren Dingen im Leben!
 
Abrazo & stay safe!
M
 
PS: Weil das ganze Corona Thema immer komplizierter wird, dachte ich, ich greif zu einem österreichischen Qualitätsmedium: Jetzt kenn ich mich endlich aus!